
Immer mehr Unternehmen setzen auf E-Learning wenn es um die Schulung ihres Personals geht. In „virtuellen Klassenzimmern“ werden die Mitarbeiter live unterrichtet, d.h. Unterricht, Austausch und Feedback sind immer noch interaktiv wie im Präsenztraining. Es spielt jedoch keine Rolle mehr, an welchem Ort sich die Teilnehmer befinden. Das spart Zeit und Geld.
Auf was müssen Firmen achten, wenn sie Schulungen in Zukunft online durchführen möchten? Was müssen sie berücksichtigen und welche möglichen Probleme können auftreten? Wir haben darüber mit der E-Learning Expertin Inga Geisler (I.G.) gesprochen.
Frau Geisler, wenn Sie mit Firmenkunden über E-Trainings ins Gespräch kommen, was sind die häufigsten Fragen zu Beginn?
I.G.: Kunden fragen mich häufig zuerst, wie sie es angehen sollen und wen sie einbinden müssen, wenn sie von Präsenz- auf virtuelle Trainingsszenarien umstellen oder ihr Angebot um diese ergänzen wollen. Andere hingegen haben schon Tools oder zumindest Software-Alternativen im Blick und fragen direkt nach der Qualifizierung ihrer internen Fachtrainer und Referenten.
Wenn die grundsätzlichen Fragen zum Vorgehensmodell kommen, muss ich zunächst feststellen, wer die Initiative im Unternehmen ergriffen hat – häufig ist es inzwischen die Personalentwicklung, nicht die Geschäftsleitung oder die IT. Deshalb geht es immer als Erstes darum, ob ein Unternehmensbeschluss dazu vorliegt, denn es braucht die Überzeugungskraft von „ganz oben“, damit die nächsten Schritte gelingen.
Und es ist wichtig, dass es als Grundlage ein E-Learning-Konzept gibt, das heißt der Kunde muss sich darüber im Klaren sein, welche Möglichkeiten von E-Learning es gibt und welcher Weg jeweils der Beste für ihn ist. Denkt er an Videos für reine Fachinformationen, denkt er an Webinare, an Live-Sessions zum Austausch untereinander oder eventuell an Selbstlerntools wie WBTs?
Und welche Schritte stehen dann an?
I.G.: Akzeptanz ist das Zauberwort – also geht es um die Frage „Wie gewinne ich Entscheider, Führungskräfte und Mitarbeiter für etwas Neues?“ Im Hinblick auf Entscheider rege ich häufig an, dass man einmal eine Kostengegenüberstellung machen sollte. Allerdings sind Einsparungen bei den Begleitkosten wie Reisekosten und Abwesenheitszeiten nicht alles.
Es gibt auch Forschungsergebnisse über die Überlegenheit von arbeitsplatznahem Lernen. Lernen in „Häppchen“ sozusagen, interaktiv am PC, bringt nachweislich bei Fachtrainings deutlich bessere Lernerkenntnisse und Transferqualität. Nur handfeste Nutzenaussagen überzeugen wirklich, auch Fragen der Geschwindigkeit und Reichweite zählen, wenn ich in einer Organisation neue Inhalte oder Themen verbreiten möchte.
Was ist noch wichtig für den guten Start?
I.G.: Das Vormachen und Vorleben spielt eine große Rolle. Wenn die Unternehmensleitung mit gutem Beispiel vorangeht und unternehmensweite E-Sessions bzw. Webinare zu relevanten Themen für die Mitarbeiter anbietet, so hat das eine große Reichweite. Und immer gilt auch: Alle Beteiligten müssen von vornherein ins Boot geholt werden.
Insbesondere die IT-Abteilungen sind ein Schlüsselfaktor. Und dann geht es um die Frage „Welche Tools stehen zur Verfügung bzw. wer recherchiert die Optionen?“ Häufig ist es die IT Abteilung, die das neue Tool im System implementiert, reibungslose Funktionalitäten gewährleistet, Zugänge für Mitarbeiter bereitstellt und die Tools testen soll.
Und wie kommuniziert die Personalentwicklung über das, was sie wirklich benötigt?
I.G.: An der Schnittstelle zwischen PE und IT entstehen Anforderungskataloge, Fachkonzepte, Pflichtenhefte, wie auch immer man das jeweils bezeichnet – und zu diesen Punkten sucht die IT Antworten und entwickelt aus technischer Sicht ein Lastenheft. An der Schnittstelle kommt es natürlich unternehmensspezifisch zu Variationen, wer wo einsteigt oder übernimmt, aber im Grunde ist dies immer ein Schlüssel für die gute Implementierung!
Implementierung – ein gutes Stichwort! Womit fängt man denn beispielsweise konkret an?
I.G.: Machen Sie einen Piloten! Dazu rate ich immer. Rollen Sie nicht ein neues Modell über alle Themen hinweg aus, sondern suchen Sie sich die Befürworter und machen Sie sie zu Multiplikatoren. Natürlich muss das Thema relevant sein. Und damit lassen Sie die anderen – die große Mehrheit – den neuen Weg als „gut“ erleben.
Und was bedeutet dieser Ansatz für Sie als Dienstleisterin?
I.G. Das heißt für mich, dass es meist besser ist, mit internen und nicht mit klassischerweise extern besetzten Trainingsthemen zu starten, sprich die firmeninternen Trainer und Referenten sollen die ersten Webinare oder E-Trainings abhalten. Dazu müssen Sie befähigt werden. Genau das ist dann mein Part, ich komme mit meinen Konzepten ins Spiel, wenn es darum geht, eine praxisnahe E-Trainer-Qualifizierung anhand konkreter interner Anforderungen aufzusetzen.
Spannend! Was muss denn Ihrer Meinung nach ein guter E-Trainer können?
Fangen wir bei den echten Basics an. Er muss die neue Technik souverän beherrschen, um sein Training angemessen aufzubauen und um die Teilnehmer gut abzuholen. Dazu muss er organisatorische Fähigkeiten mitbringen, seinen virtuellen Raum vorbereiten, Teilnehmer einladen etc. Ganz persönlich muss er Neugierde und Mut zu neuen Wegen mitbringen, denn die Begeisterung, das Beste herauszuholen, muss für alle spürbar sein.
Kommen wir zu den Methoden. Ein E-Trainer muss ebenso wie im „echten“ Raum wissen, WANN er WIE arbeitet, um seine Lernziele am besten zu erreichen. Ist der passende Weg zum Erfolg das gelenkte Gespräch, die Gruppenarbeit oder die Einzelübung bei meiner Fragestellung?
Soziale Kompetenzen sind der Schlüssel, um eine Gruppe gut zu steuern und auf das Ziel hinzuführen. Hier sprechen wir von Empathiefähigkeit, Geduld und Moderationsfähigkeit, um nur einige zu nennen. Da die Kommunikation sehr stark auf den Audiokanal fokussiert ist, nimmt die Stimme des Trainers eine sehr bedeutende Rolle ein. Hieran muss ein E-Trainer also sehr bewusst arbeiten und sie gezielt einsetzen.
Wo ist Ihre persönliche „rote Linie“, was E-Training betrifft? Von welchen Themen würden Sie für eine digitale Umsetzung deutlich abraten?
Für mich gilt, dass Offenheit und Engagement aller Beteiligten sehr viel auch in virtueller Umgebung möglich machen. Aber trotzdem, wenn es um Körpersprache, um Verhaltensänderung, wenn es um kritische Situationen im Arbeitsalltag und Training mit hohen praktischen Anteilen unter den Teilnehmern geht, sollten wir uns Auge in Auge begegnen. Wir sollten uns austauschen sowie im geschützten Raum miteinander üben können. Hier müssen die Aspekte Wissenserwerb und Verhaltensänderung eng miteinander verwoben sein.
Liebe Frau Geisler, wir danken Ihnen für das spannende Gespräch.
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