Wenn sich Fernweh und Reiselust mit einer Portion Mut und Wagnis zusammentun, sind das schon einmal die besten Voraussetzungen für die Umsetzung eines Sabbaticals. Annette Grimme, die als Referentin der Projektentwicklung bei dem Weiterbildungsanbieter WBS TRAINING arbeitet, hat sich genau diese Zeit für sich selbst genommen. Ihre sechs Monate Abenteuer führten sie nach Neuseeland, Australien und auf einen spontanen Abstecher nach Bali. Wir haben sie nach ihren Tipps rund um das Thema Sabbatical befragt – von der ersten Idee bis zum Gespräch mit dem Arbeitgeber. In ihrem Erfahrungsbericht erzählt sie uns von ihren Erwartungen, den schönsten Begegnungen und den Erkenntnissen ihrer Auszeit.

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Luftsprünge am südlichen Wendekreis Australiens.

Was war deine Motivation, ein Sabbatical einzulegen?

Ich hatte schon immer den Traum, ins Ausland zu gehen. Aber es kam immer irgendetwas dazwischen – erst das Studium, dann die Arbeit, dann der Freund – alles schöne und wichtige Dinge, klar, aber so geraten Träume auch schnell in Vergessenheit. Durch eine private Veränderung lebte die Idee, für längere Zeit weg zu gehen, dann wieder auf. Bei mir waren es also keine gesundheitlichen oder psychischen Gründe, ein Sabbatical zu machen – mir ging es eher um eine Traumverwirklichung. Kaum hatte ich mich dazu entschieden, ging alles ziemlich schnell.

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Annette Grimme

Welche Erwartungen hattest du an deine Auszeit?

Meine persönlichen Erwartungen waren vor allem, raus aus meinem eigenen Kosmos zu kommen, weit weg zu sein und meine Grenzen auszutesten. Ich wollte neue Leute kennenlernen und herausfinden, wie es sich anfühlt, „nur“ mit mir selbst unterwegs zu sein und ob mir die eigene Gesellschaft genügen wird. Ich schätze mich sehr glücklich, Teil einer großen Familie zu sein und habe zuvor noch nie alleine Urlaub gemacht.

Worauf hast du dich am meisten gefreut?

Vor allem habe ich mich auf diese große Freiheit gefreut, eigenständig und ohne Rücksicht auf Andere – außer auf mich – entscheiden zu können, worauf ich gerade Lust habe. Gerade davor hatte ich gleichzeitig großen Respekt: Wie ist das wohl, wenn man sich so intensiv mit sich selbst beschäftigt? Wenn man nur die eigene Stimme hört und niemanden zum Ablenken hat? Dieses „Kopfkino“ war oft stärker, als ich zu Anfang gedacht hätte und es tat auch manchmal weh, wenn durch einen winzigen Impuls mit einem Mal Erinnerungen ausgelöst wurden. Andererseits waren es auch viele positive Gedanken, die mich begleitet haben.

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Blau, Blauer, Neuseeland.

Wo und wie hast du dein Sabbatical gestaltet?

Ich habe mir für meine Auszeit von Januar bis Juni freigenommen, war dreieinhalb Monate in Neuseeland und einen Monat in Australien unterwegs und dann spontan weitere zwei Wochen auf Bali, weil es einfach einen Katzensprung entfernt war. Über meine Familie hatte ich bereits einen Kontakt in Neuseeland, das hat die Planung erleichtert. Gereist bin ich meist mit einem kompakteren, gemieteten Van, in den ich hinten einfach eine Matratze geschoben habe, mit genügend Platz für meine Kochutensilien und Gepäck. Und dann bin ich von Campingplatz zu Campingplatz getourt. 

Wie war es für dich, alleine zu reisen?

Ich habe super schnell neue Leute kennengelernt, die mich teilweise ein Stück begleitet haben und es einfach genossen, meinen Traum tatsächlich endlich leben zu können. Meine Erfahrung war: Gerade, wenn man alleine reist, bleibt man es nie lange. Die Hemmschwelle, Pärchen anzusprechen, liegt viel höher. Schon nach kurzer Zeit habe ich mich richtig wohlgefühlt in meinem Haus auf vier Rädern – jeden Abend habe ich mein Schiebedach zurückgezogen und zum Einschlafen in den Sternenhimmel geguckt. Das war großartig.

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Der Sonnenuntergang auf der Nordseite Neuseelands.

Von der ersten Idee über die Organisation bis zur Durchführung: Wie lange hat die Vorbereitung deines Sabbaticals gedauert?

Ich bin an die Organisation ziemlich gelassen herangegangen und habe mir meine Auszeit über Ersparnisse finanziert. Die Idee dazu wurde, wie schon angedeutet, durch eine private Veränderung gut ein halbes Jahr vor meiner Abreise wieder aktuell, meine Flüge habe ich erst im November gebucht, obwohl es im Januar ja schon losgehen sollte. Hinterher musste ich über mich selbst etwas schmunzeln – gerade das Buchen der Flüge habe ich hinausgezögert, weil ich mir dadurch unbewusst noch eine letzte Hintertür offenhalten wollte. Nachdem ich die Flüge hatte, hieß es einfach nur noch: Adrenalin pur! Außerdem war ich in einem Reisebüro und habe mich hier über Ziele und Visum informiert, auch das Auswärtige Amt habe ich überprüft, ob ich bestimmte gesundheitliche Voraussetzungen erfüllen muss. Zu guter Letzt habe ich mir noch einen Reiseführer von Lonely Planet gekauft. Und dann war auch mir spätestens klar: „Wow, ich mache das jetzt wirklich!“ Insgesamt hatte ich also nicht länger als ein halbes Jahr an Vorbereitungszeit.

Wie haben dein Arbeitgeber und deine Familie auf deine Reisepläne reagiert?

Als allererstes habe ich natürlich meine Familie eingeweiht. Ihre Reaktion war extrem positiv und gerade bei der Organisation meiner Wohnungssituation war sie mir eine riesige Unterstützung. Kurz darauf habe dann ein spontanes Mittagessen mit meinem Chef eingeplant, der mich schon recht gut einschätzen kann und relativ schnell gefragt hat, was ich denn genau von ihm möchte. Ich habe gesagt: „Ich möchte mir eine Auszeit nehmen, für sechs Monate und zwar schon recht bald, in einem halben Jahr.“ Daraufhin war er kurz schockiert. Und meinte dann nach einer kurzen Atempause: „Wow, ja, super Idee! Mach das!“ und hat mir seine Unterstützung zugesichert. Ich habe anschließend mit der Personalabteilung gesprochen und mein Team auf der Arbeit informiert, um die Übergabe wichtiger Projekte zu organisieren. Das hat alles super geklappt.

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On the Road: Die Südküste Neuseelands.

Hast du irgendetwas besonderes in deinen Reisekoffer gepackt?

Lustigerweise habe ich einen Kompass mitgenommen, den ich die ganze Reise über zwar nicht optimal einstellen konnte, aber irgendwie war es mir wichtig, ihn dabeizuhaben. Ansonsten ungewöhnlich viele gemütliche Klamotten, die ich bei 31 Stunden Anreise auf jeden Fall brauchte.

Was war dein schönster Moment während (und vielleicht auch nach) des Sabbaticals?

Schöne Momente gab es viele. Eine Begegnung, die mir aber besonders in Erinnerung geblieben ist, hatte ich in einem kleinen Örtchen an der Westküste Neuseelands. Dort habe ich einen Campingplatz gefunden, der direkt am Meer lag und mich gleich zum Sonnenuntergang dort niedergelassen. Hier lernte ich eine Amerikanerin kennen, die auch alleine unterwegs war und wir haben uns auf Anhieb super nett unterhalten. Am nächsten Morgen klebte ein Zettel an meiner Windschutzscheibe von ihr, mit der Frage, ob wir nicht zusammen zum Lunch essen wollen. Das hat mich super gefreut, in einem kleinen Fischrestaurant hatten wir dann das längste Mittagsessen aller Zeiten und vor allem das Gefühl, in einer ähnlichen Situation zu sein und voneinander lernen zu können. Das war einfach ein toller Begegnungsmoment. Außerdem habe ich auf meinen Reisen den perfekten Ort gefunden, um endlich mal Bungee Jumping auszuprobieren und einen Fallschirmsprung zu machen. Beides waren positive Grenzerfahrungen für mich.

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Am nordwestlichsten Punkt Neuseelands: Cape Reinga.

Wie ist dir der Arbeitseinstieg nach dem Sabbatical gelungen?

Ich war erstaunlich schnell wieder im Rhythmus, ein paar Dinge haben sich aber auf jeden Fall auch verändert. Es war zunächst natürlich schön zu sehen, dass sich alle Kollegen gefreut haben, als ich wieder da war. Viele waren auch erstaunt nach dem Motto: „Wow, du bist schon wieder zurück? Ist etwa schon ein halbes Jahr vergangen?“ Genau daran habe ich gemerkt, wie unbewusst man in den Tag hineinlebt. Daher habe ich mir nach meinem Sabbatical vorgenommen, mir meiner Zeit bewusster zu sein und sie nicht mehr unnötig zu verschwenden, klarere Grenzen zwischen Privat- und Arbeitsleben zu ziehen und die Arbeit gedanklich nicht mehr mit in den Feierabend zu nehmen. Ich bin mir nun sicherer, was ich will und traue mir mehr zu, als vor meinem Sabbatical.

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Der Vorteil, direkt am Strand zu campieren.

Für alle, die ein Sabbatical planen: Welche Ratschläge möchtest du weitergeben?

Ich denke, es zunächst wichtig, die eigene Auszeit auch wirklich als Auszeit und Zeit für sich zu begreifen. Ich habe mich vorsorglich aus vielen WhatsApp-Gruppen ausgeklinkt und hatte über einen längeren Zeitraum mal keinen Empfang, das war sehr angenehm. Außerdem habe ich mir gut vier Wochen genommen, um in Ruhe wieder zu Hause anzukommen. Ich habe auch vielen Bekannten erst einmal gar nicht gesagt, dass ich schon wieder zurück bin. Wie man seine Auszeit am besten vorbereitet, ist letztendlich Typsache: ich z. B. hatte gefühlt fünf Millionen kleine Zettel, aber keine offizielle Checkliste. Zu viele Informationen machen mich eher nervös und ich wollte ja gerade dieses Gefühl von Freiheit spüren und nicht alles durchplanen. Hinsichtlich der Fotos hätte ich mir allerdings gewünscht, diese von Beginn an zu sortieren. Das war ein ganz schönes Chaos am Ende. Zusammenfassend kann ich jedem nur empfehlen, keine Zeit zu verlieren und den eigenen Traum nicht zu lange aufzuschieben.

Dein Fazit?

Hätte ich gewusst, wie einfach es ist, so eine Auszeit zu organisieren und wie schnell es gehen kann, hätte ich das Sabbatical schon viel früher gemacht. Für mich persönlich habe ich gelernt, dass ich zu viel mehr fähig bin, als ich zuvor dachte. Ich traue mir jetzt mehr zu. Und: Es geht im Leben immer irgendwie weiter, auch wenn man nicht dem geplanten Weg folgt. Hinter jedem Umweg kann sich schließlich ein noch schönerer Weg verbergen.

Annette, vielen Dank für diese Einblicke in dein Sabbatical! Lust bekommen,  auch ein Sabbatical einzulegen? Hier erfährst du alles über Finanzierungsmöglichkeiten und wie du deine Planung am besten angehst. Mit unserer Checkliste kommst du deinem Ziel Schritt für Schritt näher.

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Unser Checkliste für die Planung deines Sabbaticals. Mehr Infos dazu findest du hier.

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