Es ist ein Widerspruch: Einerseits geben deutsche Unternehmen an, händeringend nach Fachkräften zu suchen. Andererseits sind aktuell über zwei Millionen Menschen in Deutschland auf Jobsuche. Eigentlich eine Win-win-Situation, könnte man meinen. Dennoch scheint diese auf den ersten Blick einfache Rechnung nicht aufzugehen. Das ist vor allem für Arbeitssuchende frustrierend, denn der längerfristige Beschäftigungsausfall wirkt sich negativ auf das Selbstwertgefühl und die eigene Gesundheit aus. Daher ist es höchste Zeit, die Definition und den Umgang mit Arbeitslosigkeit zu überdenken. Folgende Schritte helfen Ihnen dabei, die Zeit der Jobsuche für sich selbst zu nutzen.
Schritt eins: Akuthilfe für das Selbstbewusstsein.
„Wer arbeitslos geworden ist, ist selbst daran schuld!“ lautet eines der hartnäckigen Vorurteile, die das Ungleichgewicht aus Fachkräftemangel und Arbeitslosenquote neben weiteren Faktoren aufrechterhalten. Durch ihren schlechten Ruf empfinden viele Menschen die Arbeitslosigkeit als persönliches Stigma. Diese Empfindung ist jedoch fatal, denn so bleiben Arbeitssuchende in der Gesellschaft im wahrsten Sinne unsichtbar. Niemand möchte seine Arbeitslosigkeit zugeben – sie wird im eigenen Lebenslauf kaschiert, anstatt gesellschaftlich wieder in den Fokus zu rücken. Dadurch wird das individuelle Potenzial der Arbeitssuche verkannt. Denn diese Phase schafft wichtige Momente innerhalb der persönlichen beruflichen Orientierung und Weiterentwicklung. Sie ist ein fester Bestandteil des Berufslebens. Was politisch noch nicht denkbar ist, muss zumindest sozial denkbar werden: Arbeitslosigkeit ist kein Makel. Um dieses Umdenken gesellschaftsübergreifend zu etablieren, müssen sich nicht Arbeitssuchende neu erfinden, sondern das System. Bis das passiert, ist Akuthilfe für das Selbstbewusstsein angesagt: Arbeitslosigkeit ist (zumeist) kein selbstverschuldeter Zustand. Die Zeit der Arbeitssuche ist eine kostbare Zeit, auf die jeder Mensch einen bedingungslosen Anspruch haben sollte.

Tipp: Machen Sie sich selbst stark: Nutzen Sie die Zeit der Jobsuche, um sich aufs Neue der Frage zu stellen, was Sie für Ihre persönliche Karriere eigentlich erreichen möchten.
Schritt zwei: Qualität statt Quantität bei der Jobsuche.
Auf Arbeitssuchenden lastet vor allem der Druck, möglichst schnell einer neuen Beschäftigung nachzugehen. Dabei tritt oft in den Hintergrund, dass bei der erfolgreichen Suche nach dem eigenen Traumjob auch Kriterien mitspielen, auf die man weniger Einfluss hat, nämlich: Glück und das richtige Timing. Da für beides oft die nötige Zeit fehlt, stürzen sich Betroffene Hals über Kopf in den nächsten Job, um dann eventuell schneller als gedacht am selben Ausgangspunkt wie zuvor anzukommen – nämlich vor dem Papierberg an Antragsformularen. Sobald sich das Gefühl der Überforderung einstellt, werden wir blind für Möglichkeiten, die sich gerade vor uns auftun könnten – und verpassen so vielleicht genau den Moment, in dem Glück, Timing, die richtige Stellenausschreibung und die eigene Verfügbarkeit zusammenkommen. Stress bei der Arbeitssuche wirkt sich zudem kontraproduktiv auf die eigene Ausstrahlung aus und kann einem so auch das hart erarbeitete Bewerbungsgespräch vermasseln. Bei solchen Anzeichen hilft die Rückbesinnung auf die Qualität der jeweiligen Ausschreibung, nicht auf die Quantität der eigenen Bewerbungen. Qualität meint hier folgendes:
- Wie gut deckt sich die Stellenausschreibung mit meinen Anforderungen und Erwartungen an meinen zukünftigen Job?
- Inwiefern wird es mir hier möglich sein, mich und meine Kompetenzen einzubringen und für die jeweilige Firma, Institution oder Projektausschreibung einzusetzen?
- Was kann und möchte ich in der ausgeschriebenen Position lernen und welche Bereiche könnte ich ausbauen, verbessern, bespielen?

Tipp: Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Bewerbungen. Je persönlicher ein Anschreiben, desto mehr steigt die eigene Motivation. Und das ist ein hervorragender Ausgangspunkt für das nächste Bewerbungsgespräch.
Schritt drei: Energielieferanten suchen.
Neben der Selbstbewusstseinspflege und der auf Qualität ausgelegten Jobsuche ist es wichtig, nicht in Isolation zu verfallen, sondern möglichst oft den Austausch mit anderen Menschen zu suchen. Da vielen Menschen der Status „arbeitslos oder arbeitssuchend“ unangenehm ist, meiden sie die Begegnung mit anderen und ziehen sich aus dem öffentlichen Leben zurück. Genau das Gegenteil ist aber ratsam, denn je mehr Menschen im eigenen Bekanntenkreis über die eigene Jobsuche und Ziele informiert sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand an entsprechender Stelle „an einen denken“ kann. In Punkto Jobrecherche muss das eigene Netzwerk wieder aktiviert werden – und das können auch Freunde, Familie oder ehemalige Arbeitskollegen sein. Zudem können sich Veranstaltungen, Messen oder Workshops zu den eigenen Interessen und Berufszielen während der Jobsuche als echte Energie- und Inspirationslieferanten herausstellen. Im Idealfall trifft man hier auf Menschen in ähnlichen Situationen oder mit gemeinsamen Interessen und lernt, sich gegenseitig in dieser Phase zu unterstützen.
Tipp: Irgendwo da draußen wartet der richtige Job auf Sie. Stellen Sie sicher, dass er Sie auch finden kann: Nutzen Sie ihr soziales Netzwerk und nehmen Sie an Veranstaltungen teil, die Ihnen guttun.

Artikelbild von Autumn Goodman