Als Alisa Weber vor zwei Jahren mit ihrer Fachhochschulreife begann, war sie die erste Inklusionsschülerin der WBS SCHULEN in Dresden. Jetzt hat sie als Klassenbeste ihr Fachabitur bestanden.
Alisa ist im Rollstuhl unterwegs. Um ihr den barrierefreien Zugang zu allen Räumen im Schulgebäude zu ermöglichen, mussten diese Barrieren erst mal beseitigt werden. Mit Hochdruck arbeitete das Schulteam in Dresden also daran, den Standort barrierefrei zu gestalten – pünktlich zu Alisas Schulstart.
Denn auch ohne bauliche Barrieren ist das Fachabitur schließlich schon Herausforderung genug! Alisa erzählt, wie es ihr gelang, mit Ehrgeiz, Fleiß und Spaß, den Abschluss als Klassenbeste zu meistern und was ihre Ziele für die Zukunft sind.

Liebe Alisa, du hast vor Kurzem als Klassenbeste dein Fachabitur erlangt – herzlichen Glückwunsch! Wie hast du das geschafft?
Zuerst vielen Dank für die Gratulation! Manchmal kann ich es selbst noch gar nicht glauben, dass ich jetzt wirklich mein Fachabitur in der Tasche habe. Doch mein Ehrgeiz hat gesiegt! Die zwei Jahre an der Fachoberschule empfand ich als sehr zeitintensiv und anstrengend. Ich war schon immer perfektionistisch veranlagt, wollte am besten 100 Prozent oder mehr geben. Deshalb wird Fleiß bei mir großgeschrieben. Neben den genannten Faktoren unterstützte und motivierte mich vor allem meine Familie – ohne deren „Assistenzhilfe“ hätte ich dieses Ziel nicht erreicht!
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Das klingt wirklich nach viel Arbeit! Wie hast du den Unterrichtsalltag am Standort denn so erlebt?
Ich habe die Anstrengung echt unterschätzt! Ich hatte, wie meine Mitschüler, in der 11. Klasse überwiegend Montag und Dienstag von 8 – 15 Uhr Schule, die restlichen drei Tage Praktikum in einer Kita. Dann noch jedes Wochenende für anstehende Tests oder Klausuren lernen und die Hausaufgaben erledigen, die ich in der Woche zeitlich nicht geschafft habe… In Klasse 12 hatten wir dann „nur“ noch Schule. Und da ging es mir wie vermutlich jeder Schülerin: Manche Stunden vergingen wie im Flug und andere zogen sich wie Kaugummi. 😉
Du bist nicht nur Klassenbeste, sondern auch die erste Rollstuhlfahrerin, die bei den WBS SCHULEN in Dresden ihren Abschluss gemacht hat. Hat sich dein Schulalltag als Inklusionsschülerin von dem deiner Klassenkamerad:innen ohne Behinderung unterschieden?
Während der gesamten Schulzeit stand mir eine Assistenz zur Seite. Aufgrund meiner Behinderung kämpfe ich auch mit motorischen Einschränkungen. Daher übernahm meine Assistentin u. a. das Mitschreiben im Unterricht für mich oder reichte mir Materialien. Bei Klassenarbeiten gingen wir in einen separaten Raum. Ich diktierte und meine Assistentin schrieb für mich. Meine Klassenkameraden schrieben die Arbeiten ja zeitgleich und da ich immer länger Zeit brauchte, ging für die anderen der Unterricht schon weiter. Zusätzlich durfte ich meinen Laptop nutzen, aber auch dafür brauchte ich viel mehr Zeit. Diese Zeitverlängerung war über den Nachteilausgleich* geregelt. Ebenso das Erbringen mündlicher Leistungsnachweise, was aber leider nur wenige Lehrer umsetzten.
*Schülerinnen und Schüler, die körperliche Beeinträchtigungen haben, haben das Recht auf einen so genannten Nachteilsausgleich. Der Nachteilsausgleich soll dazu beitragen, dass diesen Schüler:innen im Unterricht und bei Leistungsnachweisen durch ihre Beeinträchtigungen keine Nachteile gegenüber den übrigen Mitschüler:innen entstehen.
An deinem Schulstandort in Dresden fanden während deiner Schulzeit auch einige räumliche Umbauten statt. Was wurde dort gemacht?
Für mich war eine behindertengerechte Toilette die wichtigste Bedingung, um mein Fachabitur in Dresden machen zu können. Die normalen Toilettenkabinen sind einfach zu eng, um dort mit mir und dem Rollstuhl zurechtzukommen. Deshalb wurde noch bis kurz vor dem Beginn meiner Fachoberschulzeit ein WC in einem extra Raum mit genug Platz geschaffen. Hinzu kamen die Haltegriffe rechts und links neben der Toilette sowie ein unterfahrbares Waschbecken mit einem Spiegel auf meiner Höhe. Außerdem bekam ich zwei höhenverstellbare Tische, sowohl im Klassenraum als auch im separaten „Diktierraum“.
Nachdem nach den Umbauten räumlich alles gepasst hat: Was hat dir während deiner Zeit bei den WBS SCHULEN am meisten Spaß gemacht?
Diese Antwort werden einige jetzt vielleicht nicht ganz nachvollziehen können, aber ich hatte tatsächlich am Matheunterricht den meisten Spaß, mit einem der besten Lehrer überhaupt! 🙂 Aber auch andere Fächer, wie z. B. Rechtskunde, Ethik sowie Geschichte in Klasse 11, haben mir Freude bereitet.
Auch manche Gruppenarbeiten – von denen es nebenbei bemerkt viele gab – waren sehr unterhaltsam. Und natürlich hat man sich immer auf die Pausen bzw. das Ende des Schultages gefreut – wie man als Schüler eben so denkt… 🙂

Pausen und Feierabend sind eben auch sehr wichtig! 😉 Bei all dem Spaß, den du während deiner Schulzeit hattest, sind dir aber sicher auch Herausforderungen begegnet, oder?
Manchmal hätte ich am liebsten alles hingeworfen, einfach aufgegeben. Mein gutes Fachabitur habe ich nicht zuletzt dank Anja Plath, der Schulleiterin und Sirko Evert, dem schulischen Inklusionsbeauftragten, geschafft. Die beiden haben mich immer wieder ermutigt und aufgebaut. Und auch die Unterstützung meiner Assistentin, mancher Klassenkameraden und meiner Familie haben mir dabei geholfen. Jetzt bin ich mega stolz darauf, dass ich es durchgezogen habe!
Darauf kannst du auch wirklich stolz sein! Wie hast du die Zusammenarbeit mit den Lehrkräften und deinen Mitschüler:innen erlebt?
Auch da gab es große Unterschiede, sowohl bei Lehrern als auch Klassenkameraden. Die einen hatten so gut wie kein Verständnis für meine „Extrawürste“ und andere haben mich immer unterstützt, mir geholfen und nach Möglichkeiten gesucht, meinen Schulalltag leichter zu gestalten. Trotzdem muss ich sagen, dass es für mich bisher das beste Klassenkollektiv in meiner gesamten Schullaufbahn war.
Das freut uns zu hören! Welche Tipps kannst du anderen Inklusionsschüler:innen geben, die ihr Fachabitur machen wollen oder sich für eine Ausbildung bei den WBS SCHULEN interessieren?
Nehmt mit dem Standort, für den ihr euch interessiert, persönlichen Kontakt auf. Schaut euch die Gegebenheiten an und findet gemeinsam Lösungswege. Das Vorhandensein einer Behinderung ist kein Grund, den „Kopf in den Sand“ zu stecken. Kämpft für eure Träume. Es ist wichtig, dass ihr an euch glaubt. Und ja, es ist anstrengend, doch Fleiß und Ehrgeiz zahlen sich definitiv aus!
Mit deinem super Fachabitur stehen dir die Türen nun offen. Welche Pläne hast du für die Zukunft?
Pläne habe ich viele, aber leider sind diese alle im Moment u. a. durch Corona nicht umsetzbar. Mein Traum war es schon immer, einen Beruf zu finden, in dem ich mit Kindern arbeiten kann. Das Praktikum in der Kita zeigte mir jedoch zu oft meine Grenzen auf. Deshalb wollte ich zur Neuorientierung in pädagogische Schulbereiche, aber auch in integrativen Einrichtungen „schnuppern gehen“, doch dafür fehlt sowohl die Assistenz als auch überall die Barrierefreiheit. Zudem ist die finanzielle Seite nicht abgesichert. Im Moment steht der Kampf mit der Bürokratie im Vordergrund. Leider!
Wir drücken dir die Daumen, dass sich das ganz bald ändert und deinem Traumjob im wahrsten Sinne des Wortes dann nichts mehr im Wege steht. Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg und alles Gute für deine Zukunft!
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